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Das S-13-Desaster

Das Versagen der Planungsinstanzen

S13 fährt nur bis Troisdorf." "Wichtige Brücke hatte niemand im Blick." Entsetzen über Planungen der Bahn." Das waren die Überschriften im General-Anzeiger zum Stand der Dinge eines wichtigen Ausgleichsprojekts im Rahmen des Bonn-Berlin-Gesetzes. 13 Kilometer S-Bahn zwischen Bonn-Oberkassel und Troisdorf, mittlerweile rund 750 Millionen EUR teuer und mit einer Bauzeit von über 10 Jahren.

Was GA-Redakteur Dylan Cem Akalin recherchiert und Denis Waldästl, SPD-Fraktionschef im Rhein-Sieg-Kreis, ins Rollen brachte, ist ein Synomym für Unfähigkeit, Intransparenz, Inkompetenz und ein Kommunikationsdesaster ohne Beispiel.

Bild: S Bahn vor Oberkasseler Steinbruch  Foto: Jürgen Huber

 

Der Reihe nach: Die DB plant die S13 und denkt nicht über Troisdorf hinaus. Zumindest stimmen sich die unterschiedlichen Abteilungen der Bahn nicht ab. Die Planungen für die S13 sind mittlerweile über 20 Jahre alt und seitdem hat sich die Welt fundamental verändert. Auf der Siegstrecke wurde zwischenzeitlich der S-Bahn-Takt verdichtet. Mit der Konsequenz, dass die S13 zwischen Troisdorf und Flughafen Köln/Bonn bzw. Köln Hbf/Hansaring nicht mehr fahrplanmäßig auf die Trasse passt. Es sei denn, der S-Bahn-Takt auf der Siegstrecke wird nach Inbetriebnahme der S13 ausgedünnt, was natürlich niemand will. Hinzu kommt, dass die S13 im Bahnhof Troisdorf auf der südlichen Bahnhofsseite ankommt und zur Weiterfahrt in Richtung Köln mehrere Gleise queren muss. Und das kann nur mittels eines Überwerfungsbauwerks sichergestellt werden. Diese Brücke ist 2018 still und leise in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Das ist, von einigen Hintergrundgesprächen abgesehen, weder in der Öffentlichkeit noch in der Politik thematisiert worden.

 

 

Die Brücke befindet sich aktuell in der Vorplanung. Das bedeutet, dass sie höchstwahrscheinlich nicht bis 2028 realisiert werden. Zu diesem Zeitpunkt soll die S13 zwischen Troisdorf und Bonn-Beuel in Betrieb gehen. Beschleunigt werden könnte dieses Projekt nur durch ein vereinfachtes Planfeststellungsverfahren und dem Status eines "überragenden öffentlichen Interesses", analog zu den Prämissen des Erneuerbaren Energie-Gesetzes (EEG). Vielleicht genügt auch ein Blick nach Genua, wo eine eingestürzte Brücke in zwei Jahren neu gebaut wurde.

Bild: Eine S-Bahn Brücke wurde einfach mal vergessen zu bauen. Foto: Jürgen Huber

 

Der zuständige Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), der Nahverkehr Rheinland (NVR), verfügt offenbar bisher über keine strategische SPNV-Planung. Denn wie konnte es passieren, dass die Kapazität der S-Bahn-Strecke zwischen Troisdorf und Köln Hansaring aus dem Blick verloren wurde? Denn um die S13 bis Köln durchzubinden ist die Verbreiterung der Hohenzollernbrücke und ein neuer S-Bahnsteig im Kölner Hauptbahnhof notwendig. Das ist zwar alles in der Planung, aber weder bis 2028 noch bis 2030 zu realisieren.
Die Baukosten für die S13 werden in die Nähe von 1 Mrd. EUR kommen. Dazu braucht man nur wenig Phantasie. Und leider hat die Kommunikation der Verantwortlichen total versagt. Weder die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner noch Rhein-Sieg-Landrat Sebastian Schuster hatten davon Kenntnis. Das ist inakzeptabel.
Schuld an diesem Desaster ist auch die innere Struktur der Deutschen Bahn AG, die derzeit fast täglich unter Beweis stellt, dass selbst Selbstverständlichkeiten nicht mehr funktionieren. Auch das ist inakzeptabel und muss politisch Konsequenzen haben. Aber was lernen wir sonst noch daraus? Das deutsche Planungsrecht ist das komplexeste der Welt, ist extrem teuer und dauert sehr lange. Es ist an der Zeit, insbesondere Schienenprojekte, die der Verkehrswende und dem Klimaschutz dienen, mit dem Prädikat des "überragenden öffentlichen Interesses" zu versehen und insgesamt nachhaltig zu verschlanken. Sonst wird das nichts mit der Verkehrswende.

Autor: Rainer Bohnet

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Kommentare: 1
  • #1

    Sigi Casper (Freitag, 13 Januar 2023 19:28)

    Eine vernünftige Strategie ist bei einer Verkehrsplanung natürlich zwingend notwendig, wenn diese für sich erfolgreich sein will und nicht nur der Profilierung von Politikern o.ä. dienen soll. Sie muss auch faktenbasiert sein - und das heißt, vorhandene Probleme lösen können! Wenn die Trasse für die S-Bahnen von Troisdorf nach Köln bereits ausgelastet ist (ist sie das?), dann hilft da eine Brücke zum kreuzungsfreien Queren über die Gleise (das fachlich so genannte Überwerfungsbauwerk) allein auch nichts. Bis weitere Gleise in Köln über den Rhein oder im Kölner Hauptbahnhof fertig werden, wird bei den dort vor Ort herrschenden Bedingungen wohl leider wohl noch länger dauern. Obwohl diese ja auch sehr dringend sind! Auch sehr wichtig (vielleicht verkehrsmäßig sogar noch wichtiger) wäre eine linksrheinische S-Bahn von Köln nach Bonn-Mehlem. Davon hört man bislang aber auch nur Unkonkretes - die Idee gibt es zwar, aber nun auch schon konkrete Planungen und Vorbereitungen? Vieles verheddert sich immer noch im Kleinklein diverser Zuständigkeiten und widersprüchlicher Interessen. Die Bahn war viel zu lange unterfinanziert und wurde wie ein Stiefkind behandelt. Und jetzt? Wie schaffen wir den Durchbruch?