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Gutachten zur Finanzierung des ÖPNV

Gutachten für das VRS-Gebiet zeigt alternative Finanzierungsmodelle auf

Der Verkehrsverbund Rhein Sieg (VRS)  hat ein Gutachten zur Finanzierung des ÖPNV in Auftrag gegeben, welches wir unten als PDF angehangen haben. Wir möchten gerne auf dieser Webseite mit Ihnen diskutieren, was Sie von den einzelnen Positionen halten!

Hier schon einmal zum Einlesen die Pressemitteilung:

ÖPNV in der Region benötigt für die Erfüllung der ÖPNV-Ziele des Koalitionsvertrages mindestens weitere 300 Millionen Euro jährlich

 

Der Betrieb des ÖPNV in der Region kostet viel Geld. Dazu zählen nicht nur Finanzmittel für Personal, Fahrzeuge und Energie, sondern etwa auch Investitionen in zukunftsfähige Technologien. Hinzu kommen die Kosten für den dringend benötigten Ausbau des ÖPNV-Angebots. „Bis 2030 wollen wir das Angebot im ÖPNV um mindestens 60 Prozent erhöhen.“ So lautet das Ziel von CDU und Grünen NRW, definiert in ihrem Koalitionsvertrag 2022. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat die mobilité Unternehmensberatung mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, um zu klären, wie groß der Finanzbedarf für den Betrieb eines erweiterten ÖPNV-Angebotes im VRS-Gebiet ist.

Foto: Fahrkartendschungelautomat

"Copyright: VRS GmbH / Smilla Dankert"

Für ihr Gutachten sind die mobilité-Expert*innen von verschiedenen Szenarien ausgegangen und haben für jedes separat den entsprechenden Finanzierungsbedarf ermittelt. Das zentrale Szenario bildet einen Ausbau um etwa 60 Prozent analog der Ziele der Politik ab.

Dabei sollte ein realisierbarerer Ausbau unterstellt werden, hierfür wurde ein Benchmark der Angebotsqualität (Taktdichte) in Relation zu den zehn Prozent der besten Städten und Kreisen Deutschlands aufgesetzt. Ebenso wurden Kennzahlen aus Nachfrage, Angebots- und Finanzdaten im VRS verwendet.

Zudem waren die Expertinnen und Experten beauftragt, Möglichkeiten für alternative Finanzierungsmodelle aufzuzeigen, inkl. einer ersten Prognose zu möglichen Einnahmen. Am 30.9. wurden die Ergebnisse des Gutachtens den Mitgliedern der VRS-Verbandsversammlung vorgestellt.

Aus einer Vielzahl von Ansätzen zur Nutznießerfinanzierung (3. Säule) wurde dann im Rahmen einer umfassenden juristischen und ökonomischen Bewertung eine „Shortlist“ von sechs Instrumenten, die die beiden aktuell bestehenden Finanzierungssäulen für den ÖPNV – Ticketerlöse und Mittel der öffentlichen Hand – ergänzen könnten, identifiziert:

  • Maut: Denkbar wären hier verschiedene Varianten, etwa eine City-Maut oder eine Vignette. Durch eine Maut ließen sich nach erster Schätzung ca. 40 Millionen Euro pro Jahr einnehmen. 
     
  • Parkraumbewirtschaftung: Die Erhöhung von Parkgebühren und Einnahmen durch Anwohnendenparken würden schätzungsweise mindestens 20 Millionen Euro im Jahr einbringen.
     
  • ÖPNV-Grundbeitrag: Eine pauschale Abgabe in Höhe von durchschnittlich 10 Euro pro Monat, erhoben von zahlungspflichtigen Einwohner*innen des VRS-Gebiets (volljährige Personen inkl. Ausnahmen für bestimme soziale Gruppen), hätte ein jährliches Finanzierungspotenzial (Erlös minus entstehende Kosten, um die Maßnahme umsetzen zu können) von 200 Millionen Euro.
     
  • Bürgerticket: Würden alle zahlungspflichtigen Einwohner*innen des VRS-Gebiets 30 Euro monatlich für ein Bürger*innenticket zahlen, kämen jährlich 80 Millionen zusammen.
     
  • Kfz-Abgabe: Falls alle Kfz-Halter*innen im VRS-Gebiet jährlich 60 Euro bezahlten, läge das Finanzierungspotenzial einer Kfz-Angabe bei 115 Millionen Euro jährlich.
     
  • Grundsteuer: Durch eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B um 10 Prozent kämen 45 Millionen Euro jährlich zusammen.

 

 

Das Gesamtfinanzierungspotenzial der aufgezeigten Ideen läge bei 500 Millionen Euro im Jahr. Um für alle Städte und Gemeinden im VRS-Gebiet das Koalitionsziel von 60% mehr ÖPNV-Angebot zu realisieren, müssten für das VRS-Gebiet jährlich mindestens 870 Millionen Euro aufgewendet werden. Dies unter der Prämisse, dass bei der nötigen Angebotssteigerung auch die Nachfrage signifikant steigt. Das macht einen Mehrbedarf an Finanzmitteln von mindestens 300 Millionen Euro jährlich gegenüber dem Status quo. Durch die aktuell hohen Kostensteigerungen (Personal, Energie etc.) sowie die vorgeschriebenen Investitionen in alternative Antriebe steigt dieser Mehrbedarf in den nächsten      

                                                                                                                        Jahren voraussichtlich auf bis zu 500 Millionen jährlich.

Bild: Stadtbahnstation Olof-Palme-Allee

"Copyright: VRS GmbH / Smilla Dankert"

Jetzt ist die Politik gefragt
„Das Gutachten beziffert passgenau zu den Zielen des Koalitionsvertrages für die Verkehrswende in NRW die notwendigen Aufwände zum ÖPNV-Ausbau für den VRS“, fasst Michael Vogel, Geschäftsführer des VRS, zusammen. „Es belegt schwarz auf weiß die großen Potenziale weiterer Finanzierungsansätze. Neben Nutzern und öffentlicher Hand sollten die Nutznießer stärker in die Verantwortung genommen werden. Wir freuen uns, der Politik mit diesem Gutachten hierzu eine fundierte Grundlage an die Hand geben zu können.“

mobilité-Direktor Dr. Hendrik Koch ergänzt: „Das Finanzierungsgutachten für den VRS ist ein sehr spannendes und zukunftsweisendes Projekt für nachhaltige Mobilität im Rheinland. Wir sind glücklich, Impulse und Potenziale für eine mögliche Finanzierung des notwendigen ÖPNV-Ausbaus in der Region aufzuzeigen. Nun sind wir gespannt auf den entstehenden Diskurs und nächste Schritte auf Ebene der politischen Entscheider.“

 

Bernd Kolvenbach, Vorsitzender der VRS-Verbandsversammlung, stellt klar: „Das bisherige Finanzierungssystem hat seine Grenzen längst erreicht. Weder können die Kommunen einen noch größeren Beitrag leisten, noch wollen wir den Fahrgästen eine immer größere Belastung aufbürden. Doch der ÖPNV braucht dringend zusätzliche finanzielle Mittel, um leistungsfähig ausgebaut zu werden und so seiner großen Bedeutung für die Mobilitätswende und den Klimaschutz gerecht werden zu können. Ich bedanke mich daher sehr für die Denkanstöße und werde diese – ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen – in den Austausch mit der Landes- und Bundespolitik mitnehmen.“

Bild: U-Bahn Station Bonn Hauptbahnhof

"Copyright: VRS GmbH / Smilla Dankert"

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Kommentare: 2
  • #1

    Franz Josef Schmied (Mittwoch, 12 Oktober 2022 08:34)

    Hier meine Bemerkungen zu den einzelnen Punkten.
    Eine City Maut wäre für mich in unserem Ballungsraum denkbar, denn der ÖPNV ist hier exzellent ausgebaut, und bei einer Preisanpassung auch wieder für eine Familie bezahlbar. Und wer unbedingt in der Innenstadt einen Plasma Fernseher kaufen möchte, sollte an die Kreativität des Händlers appellieren, seinen Teil zur Maut beizusteuern. Und das jammern der Geschäftsinhaber und Vermieter kann ich nicht verstehen. Etwas mehr Kreativität in Sachen Angebot und Realitätssinn in Sachen Mietzins wären mehr als angebracht in Bonn. Jammern ist keine Lösung!
    Einer Erhöhung der Parkgebühren in der City stimme ich voll zu. Es darf um die Zentren keinen einzigen gebührenfreien Parkplatz geben. Auch Anwohnerparken kann nicht zum Nulltarif geschehen. Eigentlich sollte jeder Hausbauer entsprechend viele Parkplätze erstellen. In Bonn konnten diese „freigekauft werden!
    Einem ÖPNV-Grundbeitrag stimme ich zu, jeder fährt mal Bahn oder Bus.
    Besser wäre jedoch ein Bürgerticket. Bei 30 Euro im Monat, die sowieso gezahlt würden, fährt jeder öfter mit dem Bus. Aber Vorsicht! Auf dem Land muss da erst noch viel passieren, da kommst Du nicht immer gut weg mir Bus und Bahn.
    Eine KFZ Abgabe lehne ich ab. Noch wird das Auto gebraucht, ich spreche hier nicht von Bonn, aber wenn Du auf dem Land lebst kommst Du einfach nicht weg. Auch im VRS Gebiet!
    Eine Erhöhung der Grundsteuer wäre eine nicht vertretbare Steuerlast, zu bezahlen von Mietparteien und Grundbesitzern. Dann besser das Bürgerticket.

    Der ÖPNV ist einer der hauptsächlichen Säulen der Verkehrswende, das Auto eines der größten Klimakiller. Dennoch kann auf das Auto grundsätzlich nicht verzichtet werden. In den Ballungszentren schon, aber bereits in Hennef Süchterscheid sieht es anders aus. Zwei Stunden mit ÖPNV von Oberwinter aus, mit dem Auto 40 Minuten!
    Über die sieben Milliarden für die Lufthansa würde sich der ÖPNV freuen, und hier wäre die Investition sinnvoller! Alle Piloten als Lokführer und Busfahrer!und Busfahrer!

  • #2

    Klimaticket Bonn (Freitag, 14 Oktober 2022 10:34)

    Mit großem Interesse habe ich das Gutachten gelesen zur Verkehrswende-Finanzierung.
    Der Perspektivwechsel gefällt mir gut, trägt der ÖPNV und seine Nutzer zu einem wesentlichen Teil dazu bei,
    dass sich die Wirtschaft überhaupt noch bewegen kann und der Individualverkehr rollt. Stellen wir uns doch nur die ganzen ÖPNV-Nutzer mal in eigenen Autos vor! Täglich eine Autoschlange so lang wie zweimal um den Äquator!! Das müssen die Gegner einer neuen ÖPNV-Finanzierung mal vor Augen haben, um fair zu urteilen. Nutzer werden bald hoffenlich endlich anders definiert. Vor allem der volkswirtschaftliche Vorteil durch ÖPNV kam in der Vergangenheit viel zu kurz.

    Aber nun eine naheliegende Frage: Wer hat sich mal damit beschäftigt, welche Synergieeffekte durch die Zusammenlegung der ganzen unterschiedlichen Verkehrsverbünde führen könnte? Beschaffung, Personal, Ausschreibungen, Doppelstrukturen, Vertriebskosten etc.. das muß doch irgendwo mal analysiert worden sein, was da in ganz Deutschland an weiteren Millionen zusammenkommt!