Am 30. Juni 2021, vor einem halben Jahrhundert, fuhr zum letzten Mal in Bonn ein O-Bus. Nach guten 20 Jahren O-Bus-Verkehr in der damaligen Bundeshauptstadt war Ende.
Viele wissen heute in Bonn nicht mehr, was ein O-Bus ist: Der sogenannte Oberleitungs - oder auch Trolleybus wird ausschließlich von Elektromotoren angetrieben. Seinen Fahrstrom bezieht er – ähnlich wie bei einer Straßenbahn – mittels Stromabnehmern aus einer über der Fahrbahn befindlichen Oberleitung. Auch heute sind elektrisch betriebene Busse wieder im Gespräch: Klima- und Umweltschutz geben CO2-neutraler Mobilität einen mächtigen Schub.
Erste Bonner Linie fuhr bis zum Bundeshaus
Begonnen hatte der Bonner O-Busbetrieb am 17. Februar 1951 mit der Linie 15 zwischen Hauptbahnhof und Bundeshaus, sie ersetzte damals die Straßenbahnlinie 4. Der O-Bus fuhr über Wesselstraße, Am Hof, Rathausgasse und durch das Koblenzer Tor zum Bundeshaus. Die O-Busse wendeten unterhalb des ehemals "Langem Eugen", heute UN Hochhaus. Am Hauptbahnhof wurde mittels einer "Runde um den Block" hinter dem Bahnhof die Rückfahrt angetreten.
Der O-Bus Verkehr feierte schnelle Erfolge. Die erste Erweiterung von Bonns O-Busnetz erfolgte schon 13 Monate später mit der Verlängerung der Linie über Endenich und „Duisdorf Amt“ (heute Rathaus Hardtberg) zur Endstation Lengsdorf.
Am 14. November 1953 ging die nächste Linie in Betrieb. Die neue Linie 16 ersetzte die Straßenbahnlinie 4 auf dem verbliebenen Reststück zwischen Hauptbahnhof und dem Clemens-August-Platz in Poppelsdorf. Später fuhr die Linie 16 weiter bis zu den Unikliniken auf dem Venusberg. Eine eindrucksvolle Besonderheit konnten wir an der Endstation Venusberg immer wieder bestaunen: In der Mitte der Wendeschleife stand eine riesige Laterne, an der die gesamte Fahrleitung der Wendeschleife aufgehängt war.
In Bonn standen insgesamt 24 O-Busse zur Verfügung. 15 etwas kleinere Fahrzeuge der Firma MAN, von dem Hersteller Uerdingen waren 9 etwas größere Fahrzeuge unterwegs. Die MAN und zwei Uerdinger Fahrzeuge fuhren teilweise sogar mit Anhängern. Diese wurden jedoch dann gesetzlich verboten.
Bild: O-Bus in Solingen Foto: Jürgen Huber im Jahre 2019
Das Ende der Bonner O-Busse begann 1967
Die O-Bus Linie 15 wurde im Jahre 1967 eingestellt, zum einen wurden die vorhandenen O-Busse für das Fahrgastaufkommen zu klein. Zum anderen begann auf der Adenauerallee der Bau der U-Bahn, was einen ständigen Umbau der Fahrleitungen bedeutet hätte.
Ab dem 1. Mai 1967 blieb lediglich die Obuslinie 16 vom Hauptbahnhof zum Venusberg übrig. Hier waren im täglichen Betrieb zum Ende nur noch fünf O-Busse unterwegs. Aus wartungstechnischen Gründen wurde eine reine Dieselbusflotte angestrebt. Aus diesem und somit aus Kostengründen wurde am 30. Juni 1971 auch diese Linie eingestellt, obwohl O-Busse gerade auf Steigungsstrecken ihre technischen Vorteile hätten ausspielen können. Ersetzt wurden sie durch das „Kuriosum Anderthalbdecker“.
Gegen 19 Uhr startete die letzte Fahrt an der Endhaltestelle „Kiefernweg“ auf dem Venusberg, auf Höhe der heutigen Einfahrt zum Uni-Klinikum und fuhr von dort in den damaligen Busbetriebshof „Karlstraße“ ein. Damit endete vor einem halben Jahrhundert die O-Bus-Zeit in Bonn. Aktuell gibt es in Deutschland nur drei O-Bus-Städte: Eberswalde, Esslingen und Solingen.
Auch Österreich ist ein Obus-Land, wovon wir uns im letzten Jahr selbst überzeugen konnten. Salzburg hat hochmoderne Obusse (siehe Bild oben) - sehr leise, sehr geräumig und mit niedrigem Einstieg. Und Salzburg hat einen so engen Takt, dass man keinen Fahrplan braucht - also so, wie Bonn es auch schon mal als Ziel formuliert hatte.
Bild: Hochmoderner O-Bus in Salzburg Foto: Das Foto wurde uns netterweise von der Salzburg AG, der Betreiberin der O-Busse zur Verfügung gestellt!
Umstieg auf E-Busse
Heute gibt es auch in Deutschland eine Renaissance des Elektroantriebs im städtischen Linienbusverkehr. Solingen betreibt und modernisiert als eine von drei deutschen Städten
eine O-Bus Flotte. Uns antworten die Stadtwerke Solingen: „Bereits seit 2008 werden unsere Oberleitungsfahrzeuge mit Ökostrom betrieben. Dieser stammt zertifiziert von Wasserkraftwerken aus
Österreich“. Das Solinger BOB Projekt (der Batterie betriebene Oberleitungs Bus) wird wie folgt erklärt: „Waren die früheren O-Busse noch zu 100
Prozent von der Oberleitung abhängig, so ist es die heutige O-Bus-Generation nicht mehr. Dank der mitgeführten Batterien können sie in nicht elektrifizierten Bereichen auf Batterie fahren. Es
wird an intelligenten Systemen gearbeitet, die selbst erkennen können, wo sich ein Fahrdraht befindet, um sich dann „anzudocken“ und die Batterie aufzuladen.“ Sind die Batterien vom BOB
altersschwach, werden sie nicht entsorgt, sondern nach ihrem Einsatz in den Fahrzeugen in Unterwerken installiert. So entsteht für die ganze Stadt ein Energiespeicher, der dazu dient, lokal
erzeugten Strom aus Photovoltaikanlangen zu speichern oder beispielsweise an Ladesäulen Elektroautos zu versorgen. Das nenne ich einmal ein durchdachtes und engagiertes Projekt.
https://www.bob-solingen.de/
Auch die Berliner BVG plant eine Kombination aus O-Bus und batterie-elektrischen Antrieb. Moderne Batterie-Hybrid-Obusse sollen etwa 50 bis 65 Prozent des jeweiligen Linienwegs
unter Fahrleitung nutzen und dabei auch ihre Traktionsbatterien laden, während der übrige Linienweg abseits der Oberleitung von den Bussen im Batteriemodus zurückgelegt wird.
Bonn möchte einen anderen Weg bestreiten: Auch bei den SWB kehrt der Elektrobus Schritt für Schritt zurück. Allerdings werden dies nach jetziger Planung keine O-Busse mehr sein,
sondern Batterie-Elektrobusse. Diese benötigen keine Fahrleitungen. Die Batterien werden über Nacht im Betriebshof aufgeladen. Neben den bereits elektrisch betriebenen Straßen- und Stadtbahnen
planen die Stadtwerke Bonn auch den vollständigen Umstieg ihrer Busflotte bis zum Jahr 2035 vom Verbrennungsmotor auf die Elektromobilität.
Auch vom Energieverbrauch steht der O-Bus besser da. Ein Gelenk-O-Bus benötigt im Schnitt 250 Kilowattstunden auf 100 Kilometer; dies entspricht 25 Liter Diesel. Ein Dieselgelenkbus verbraucht 60 Liter, was 600 Kilowattstunden entspricht.
Bild: Batteriegetriebener E-Bus in Bonn-Mehlem Foto: Jürgen Huber
Das Fazit
Über den umweltfreundlichen Elektroantrieb gibt es viele Ansichten, wie aus den verschiedenen dargestellten Modellen zu ersehen ist. Unumgänglich ist die Stromerzeugung aus alternativen Energien! Das umweltfreundlichste Massenverkehrsmittel ist die Straßenbahn. Diese kann nicht jede enge Straße der Stadt passieren. Schon die Südunterführung am Bonner Hauptbahnhof stellt höchste Ansprüche an die zur Zeit verkehrenden Straßenbahnen in Bonn. Für Orte mit kleinen Straßen ist der Bus daher nicht wegzudenken. Und da gibt es nicht viele Alternativen zum Dieselmotor. Die eine haben wir hier mit etwas Heimatkunde verbunden dargestellt, die andere wäre der Wasserstoffantrieb, den die Regionalverkehr Köln bevorzugt. Doch hierzu kommen wir zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Autor*innen und die Bilder
Autor: Jürgen Huber
Fotos: Leider wurden unsere Anfragen nach Bildern aus der Bonner O-Buszeit nicht oder negativ beantwortet. Daher zeigen wir Bilder von den Betreiber*innen anderer O-Busse.